Software-Fehler (21-25)


Telefon, Singapur, Oktober 1994:

65 % der Telefonleitungen waren 5 Stunden unterbrochen, die restlichen Leitungen waren erheblich überlastet.
Ein Softwarefehler in einem Vermittlungsknoten pflanzte sich auf 26 der 28 Systeme aus.

Rechtschreibkorrektur, San Jose Mercury News, Dezember 1994:

In der US-Zeitung San Jose Mercury News erschien ein Artikel über Datenverarbeitung, der nur Lacher hervorrief.
Die automatische Rechtschreibkorrektur änderte ungeprüft Microsoft in Microvolt, Megatest in Megadeath und Intel in Until um.

Telekom, 1. Januar 1996:

550 digitalen Vermittlungsknoten der Deutschen Telekom gelang es nicht, den 1. Januar als Feiertag zu erkennen.
Die betroffenen Teilnehmer mußten zu den neuen und teuren Werktagstarifen telefonieren.
Ursache: Software-Fehler in einem Programm von Alcatel SEL; Schaden: ca. DM 70 Millionen

Verkehrsvergehen, Herrsching, Januar 1996:

Anzeige gegen Autofahrer wegen überhöhter Geschwindigkeit:
Statt der erlaubten 80 km/h war er 59 km/h gefahren, und somit (bei 3 km/h Toleranz) 24 km/h zu viel

Social Security, USA, Januar 1997:

Insgesamt $ 234 000 Millionen Werte an Lohnrechnungen konnten in den letzten Jahren (seit 1978) nicht Personen mit untypischen Namen wie z.B. de la Rosa zugeordnet werden.


Stellwerk-System, Hamburg-Altona, März 1995:

Bei starkem Zugverkehr versuchte das neue System einen Speicherplatz von 4 KB im RAM anzulegen; es waren aber nur noch 3.5 KB frei: Absturz des Rechners.
Bei dem 3-tägigen Verkehrschaos mit Auswirkungen auf den gesamten Bundesbahnverkehr mußten täglich 50 000 bis 100 000 Reisende zu Ausweichbahnhöfen gelangen.
Behebung des Problems nach 2 Tagen durch Einbau von RAM.

Tragik: Eigentlich wurden nur 3.5 KB benötigt - aus Sicherheitsgründen wurden aber 4 KB verlangt.

Verwaltungssystem Comvor, Polizei Hamburg, April 1998:

Das Vorgangs-Bearbeitungssystem Comvor, 1989 begonnen, wurde wegen umständlicher Bedienbarkeit ausgesetzt; bisherige Kosten: DM 120 Millionen

VW/Audi und SAP, September 1999:

VW und Audi waren auf Grund von Problemen bei der Einführung von SAP R/3 im zentralen Ersatzteillager in Kassel mehrere Wochen lang nicht in der Lage, die Händler ausreichend mit Ersatzteilen zu versorgen.

Sturm Lothar, Frankreich/Deutschland, Dezember 1999:

Meßgeräte meldeten, daß der Luftdruck über der Biscaya innerhalb von 3 Stunden um 20 hP. gesunken war.
Software des Wetterdienstes interpretierte daher diese Daten als Meßfehler, ohne die Meteorologen zu informieren.
Es wurde keine Sturmwarnung gegeben. Der Sturm wütete über Süddeutschland und kostete mindestens 10 Tote.


Intel Pentium-Prozessor, Oktober 1994:

Ein Mathematik-Professor aus Virginia fand einen Intel bekannten Fehler im Divisionsalgorithmus des neuen Chips, von dem schon 2 Millionen Stück ausgeliefert waren.

Intel spielte das Problem 2 Monate lang herunter und verlangte Nachweise, daß die Division notwendig sei.

Fehlerhäufigkeit: 24 Tage (IBM) bis 27 000 Jahre (Intel) Ursache: Auf Grund einer fehlerhaften Schleife wurden beim Übertragen der Daten auf den Chip nur 1061 statt 1066 Schätzwerte für die nächste Quotientenstelle gesetzt.
Kosten: $ 450 Millionen + Imageverlust

Aluminium-Schmelze, Tiwai Point/Neuseeland, Dezember 1996:

Die Software des Hauptrechners schaltete am 31.12. alle 660 Prozess-Steuerrechner ab: alle Schmelztiegel kühlten ab.
Ursache: Der Software war nicht bekannt, daß 1996 ein Schaltjahr war: der 366. Tag im Jahr existierte also nicht.

Justice Link Gerichtsdatenbank, Rhode Island, Dezember 1999:

Das neue Datenbank-System stellte mindestens 8 falsche Haftbefehle aus: 350 Bugs gefunden.
Ursache: Falsche Datenumsetzung wegen Terminstress bei der Umstellung auf das Jahr 2000.

Northeastern University, Boston, August 2000:

Bei einem Datenbank-Upgrade gingen mehrere Hundert Namen von interessanten Studium-Bewerbern verloren.
Daraufhin wurden zu viele Bewerber angenommen, so daß die Kapazität um 600 Studenten (25 %) überschritten wurde.


Erweiterung des Reservierungssystems Sabre, April 1992:

Gemeinschaftsprojekt von American Airlines, Marriot, Hilton Hotels und Budget Rent-A-Car für Hotelreservierungen und Autovermietungen: "CONFIRM"

Abbruch nach 5 Jahren Entwicklungszeit
Kosten: $ 125 Millionen (anfangs geschätzt: $ 55 Millionen)
Entschädigungszahlung der Herstellerfirma: $ 165 Millionen
Ursachen: Unvollständige, ständig wechselnde Anforderungen, schlechtes Design, keine Einbeziehung der Endbenutzer.

Zur gleichen Zeit erstellte Hyatt Hotels ein System, das weniger kostete ($ 15 Millionen) und mehr konnte als geplant.

Datenbanksystem, California DMV, April 1994:

Die Entwicklung und Anwendung eines neuen Verwaltungs-Systems für Führerscheine und Fahrzeug-Registrierungen wurde nach 6 Jahren abgebrochen: Kosten: $ 45 Millionen
Ursachen: Unlösbare Probleme bei der Umwandlung der alten Datenbank (von 1965) in eine relationale Datenbank.
Problem: DMV hatte selbst die Projektleitung übernommen.

Gesundheitswesen, San Mateo County, California, Juli 2000:

1/2 Jahr nach Installation eines neuen Abrechnungssystems konnten immer noch keine Rechnungen erstellt werden.
Kosten: $ 35 Millionen, Rückstau an Rechnungen: $ 40 Millionen
Die Kosten lagen bis dahin doppelt so hoch wie geplant.

Lohn-/Gehalts-Software, King County, Washington, Juli 2000:

Das Finanzprogramm-Projekt wurde wegen zu vieler Fehler und Zeitverzögerungen abgebrochen: $ 38 Millionen


Clementine, Mondsonde, Mai 1994:

Die Foto-Mondsonde sollte nach erfolgreicher Mondmission zum Asteroiden Geographos fliegen. Dazu wurden die Antriebsraketen gezündet.
Auf Grund eines Software-Fehlers hörten sie aber erst auf zu feuern, nachdem sämtlicher Treibstoff verbraucht war.
Der Satellit verschwand im All: Kosten: $ 80 Millionen

Marslandegerät Pathfinder, Fahrzeug Sojourner, Juli 1997:

Der Bordcomputer bootete öfters fälschlicherweise, wobei die noch nicht gespeicherten Meßdaten verloren gingen.
Ursache: Prioritätsfehler in der Programm-Logik bei der Datenkommunikation mit Tasks verschiedener Priorität.

Near-Earth Asteroid Rendezvous NEAR, Dezember 1998:

Für den Flug der NEAR-Sonde zum Asteroiden Eros wurden in der Sonnenumlaufbahn die Antriebsraketen gezündet.
Die Software war aber darauf abgestimmt, unkontrollierte Beschleunigungen zu verhindern: Abschalten der Düsen.
Nach Änderung des Programms konnte erst 13 Monate später der Asteroid angeflogen werden.

Militärischer Kommunikationssatellit Milstar, April 1999:

Durch Einsetzen falscher Software in der Raketenoberstufe mißlang der Start des Militärsatelliten Milstar 3.
Der Satellit wurde in eine viel zu niedrige, nutzlose Umlaufbahn (5000 statt 36 000 km) gebracht.
Es war der bisher teuerste Fehlstart eines unbemannten Satelliten: $ 1230 Millionen ($ 430 Titan-Rakete, $ 800 Satellit).


Ingolf Giese